„Die Klinikschließungen betreffen vor allem die Menschen“

Infoabend der koelnerklinikretter am 9. September 2024 im Bürgerzentrum Altenberger Hof

„Was wir heute Abend diskutieren, betrifft vor allem die Menschen“, betonte Najib Ramz, Sprecher des Aktionsbündnisses KÖLNER KLINIKRETTER, vor rund 25 Gästen im Seminarraum 2 des Bürgerzentrums Altenberger Hof. „Wir stehen heute vor einer Situation, die nicht nur die medizinische Versorgung unserer Stadt, sondern auch die grundlegenden Werte des solidarischen Gesundheitssystems in Frage stellt.“

Zur Info-Veranstaltung „Städtische Kliniken Köln am Abgrund? – Was das Kliniksterben für uns alle bedeutet“ hatte das Aktionsbündnis für den Erhalt des Krankenhauses Holweide und des Kinderkrankenhauses Amsterdamer Straße eingeladen. Ursprünglich war eine Podiumsdiskussion mit Klinikvertretern geplant, die jedoch nach diversen Absagen leider nicht zustande gekommen war. Dennoch wurde es ein hochinteressanter Abend, voller Eindrücke auf die Kliniklandschaft und die Pläne der städtischen Klinikgesellschaft, aus unterschiedlichen Blickwinkeln.

Info-Abend der koelnerklinikretter im Bürgerzentrum Altenberger Hof
Walter Klüwer, Najib Ramz und Hermann Kotthaus stellten sich der Debatte mit den rund 25 Anwesenden.

„Für mich ist Krankenschwester nach wie vor der schönste Beruf der Welt“, verkündete Birgit Onori vom Klinikum Niederberg in Velbert. „Leider stimmen aber die Rahmenbedingungen nicht mehr.“ Schon heute gelinge es nicht mehr, alle Patienten zeitnah in ein eigenes Bett zu bringen – was zur Folge habe, dass einige die Nacht in der Notaufnahme verbingen müssten.

Sie sieht die Pläne einer Zusammenlegung der städtischen Kliniken in Merheim aufgrund eigener vergleichbarer Erfahrungen sehr kritisch. „6 Kilometer mehr an Anfahrtsweg klingen wenig, aber wenn man kein Auto hat, sieht es anders aus“, betonte sie. „Und wenn die Rettungswagen länger unterwegs sind, kann dies bedeuten, dass im Notfall keiner zur Verfügung steht.“

„Doppelstrukturen lassen sich niemals ganz vermeiden, aber sie sichern gleichzeitig eine optimale Versorgung.“
Birgit Onori

Immerhin sei das Kinderkrankenhaus als einzige Kinderklinik Deutschlands auf der renommierten Krankenhausliste des Magazins „Focus“ gelistet. Rund 12.000 Kinder und Jugendliche würden hier im Jahr teil- oder vollstationär versorgt, weitere 10.000 ambulant. Auch die Geburtsabteilung in Holweide sei exzellent. „Dies wird niemals in Merheim abgebildet werden können“, so Onori.

Ein (mindestens) 600 Millionen Euro teurer Neubau rechne sich – wenn überhaupt – nur, wenn auch alle Patienten mit nach Merheim „umziehen“. Dies sei zu bezweifeln, da sich etliche Leute zu anderen Häusern umorientieren würden. „Doppelstrukturen lassen sich niemals ganz vermeiden, aber sie sichern gleichzeitig eine optimale Versorgung.“ In ihrer eigenen Einrichtung merke sie deutlich, welche Kapazitäts-Engpässe durch Klinikschließungen im Umfeld verursacht würden.

In die finanzielle Dimension der städtischen Klinikpläne tauchte Walter Klüwer, 2. Sprecher des Aktionsbündnisses, ein: Die Zahlen der Klinikgesellschaft, wie es zum Jahresdefizit von 114 Millionen Euro kam, seien völlig intransparent. Was man aber sagen könne: „Die Krise der Kölner Kliniken wird wesentlich durch ausbleibende Investitionen des Staates verursacht“, so Klüwer.

So wurden im 10-Jahres-Zeitraum von 2013 bis einschließlich 2022 61,6 Millionen Euro vom Land NRW in den Kliniken investiert, gegenüber einer Soll-Investitionssumme von 250 Millionen Euro. Hinzu käme der von den städtischen Kliniken selbstfinanzierte Neubau vor einigen Jahren in Merheim. Auch das derzeit noch geltende Fallpauschalen-System für Kliniken – mit einem Festbetrag für eine bestimmte medizinische Leistung, unabhängig vom Aufwand im konkreten Fall – sei für Köln mit seinen Spitzenkliniken und den häufig kompliziert gelagerten Fällen eher ungünstig.

Zudem sei mit der Klinik-Verlegung ein Job-Abbau verbunden. Zwar könne man am neuen Standort Synergien nutzen, dass man sich etwa vorher getrennt vorhandene Gerätschaften oder Funktionsbereiche teilt. „Niemals aber werden sich solche Synergien entwickeln, die den Abbau von 381 Arbeitsplätzen rechtfertigen würden.“

„Das Schlimme am Beschluss 1+0“ – der Ratsentscheid zum „Klinik-Zukunftskonzept“, der die Klinik-Verlegungen enthält – „ist, dass er voll gegen die Bedürfnisse der Menschen geht, gerade gegen die der Kinder“, verkündete Uschi Röhrig. Immerhin sei das Klinikum Holweide als Regelversorger für den ganzen Stadtbezirk Mülheim tätig, der zudem im Schnitt recht sozial schwach sei. „Wer nicht kämpft, hat schon verloren, und dieses Motto gilt für uns“, gab sie sich kämpferisch.

Auf die Situation speziell im hohen Kölner Norden ging Ursula Buetgen, Inhaberin des Senioren- und Familien-Unterstützungsdienst „Kölner Alltagshelden“ im Stadtteil Seeberg, ein. „Wir sind in Chorweiler ohnehin schon abgehängt, vor einiger Zeit haben wir unsere Notfallpraxis verloren.“ Man sei sehr ländlich gelegen. „In die nördlichsten Stadtteile fahren teils noch nicht mal Busse.“Umso wichtiger sei eine geregelte Notfallbetreuung für Kinder. „Unsere Notfallpraxis für Kinder ist die Amsterdamer Straße, die Kinderklinik. Schließt das Krankenhaus, schließt die Notdienstpraxis. Denn die muss laut Kassenärztlicher Vereinigung (KV) zwingend an ein Krankenhaus angebunden sein.“ Bei der Unterschriftensammlung auf dem Chorweiler Wochenmarkt hätten die Leute entsetzt auf die Pläne reagiert. „Es gab buchstäblich keinen, der nicht unterschrieben hat.“ Man müsse weiter kämpfen. „Es heißt in der öffentlichen Kommunikation immer nur: Es ist beschlossen. Und damit ist es erledigt.“ Das gelte jedoch nicht für das Aktionsbündnis KÖLNER KLINIKRETTER!

Kommentare

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