Der Rat hat am 15. Juni 2023 das „Zukunftskonzept der Kliniken der Stadt Köln gGmbH“ beschlossen (Vorlagen-Nr. 0551/2023). Dieses sieht vor, die Standorte des Kinderkrankenhauses Amsterdamer Straße in Riehl sowie des Klinikums Holweide aufzugeben, und die medizinischen Leistungen komplett an den Standort Merheim zu verlagern. Hiergegen richtet sich unser Aktionsbündnis!
Erläuterung unseres Anliegens
Die Stadt Köln ist verantwortlich für die öffentliche Daseinsvorsorge der Bürgerinnen und Bürger aller Altersgruppen. Der Plan zur Schließung des Krankenhauses Holweide und des Kinderkrankenhauses Amsterdamer Straße sind ein immenser Einschnitt in die Gesundheitsversorgung aller Kölnerinnen und Kölner. Ganz besonders im Hinblick auf die wohnortnahe medizinische Betreuung von Kindern, Jugendlichen und Schwangeren gefährdet eine Realisierung dieses Plans die Versorgung dieser Gruppen.
Die Folgen der Schließung beider Kliniken: tiefgreifende Versorgungslücken
Im Krankenhaus Holweide befindet sich zurzeit noch eine Entbindungsstation sowie eine Station für Frühgeburten – beide weisen eine hohe Auslastung vor. In den letzten Jahren hat die Zahl der Entbindungsstationen in Kölner Krankenhäusern stark abgenommen. Bei Geburten ist es inzwischen sehr schwierig für schwangere Frauen, einen Platz für die Geburt in einem Krankenhaus zu finden. Häufig kommt es wegen der Personalknappheit dazu, dass Frauen während der Geburt noch die Klinik wechseln müssen. Das ist eine enorme psychische und physische Belastung für Mutter und Kind. Die geplante Verlegung nach Merheim würde diesen Trend noch verstärken. Dies ist ein unhaltbarer Zustand für werdende Kölner Mütter.
Ein 60 Jahre gewachsenes vernetztes Versorgungssystem ist mehr als die Summe seiner einzelnen Bestandteile. Standortschließungen und Verlegungen führen zu Versorgungslücken und -engpässen. Daher kann nicht allein die Wirtschaftlichkeit Begründung für einen solchen Einschnitt in die Gesundheitsversorgung der Kölner Bevölkerung sein. Mit der Verlegung nach Merheim werden große Teile der Bevölkerung, besonders im Kölner Norden, dauerhaft benachteiligt.
Kapazitäten in Kinder- und Jugendmedizin reichen schon jetzt nicht aus!
Dies alles geschieht vor dem Hintergrund, dass die Krankenhausversorgung von Kindern und Jugendlichen in Köln jetzt schon nicht ausreichend ist. Vor der Corona-Pandemie gingen Expertinnen und Experten von einem Fehlbedarf von ca. 20 Prozent aus, der während der Pandemie und danach noch gestiegen ist. Trotz dessen fordert die Oberbürgermeisterin, das Klinikum Holweide und das Kinderkrankenhaus Amsterdamer Straße zu schließen und die Kliniken der Stadt Köln in Merheim zu konzentrieren.
Hinzu kommt, dass durch das vorliegende Konzept und den bestätigenden Beschluss des Rates sich die Bettenzahl der Kliniken der Stadt Köln drastisch verringern würde. Die Kliniken konnten wegen fehlender Investitionen und fehlendem Personal bereits vor dem Beschluss nicht die Bettenzahl anbieten, die sie selbst geplant hatten und die angemessen wären. Die Schließung der beiden Standorte verschärft diese Situation insgesamt und ganz besonders in der Versorgung von Kindern und Jugendlichen enorm.
Hinzu kommen noch weitere Faktoren, etwa der zumindest teilweise Verlust der jeweils vor Ort vorhandenen Unterstützer- und Ehrenamtler-Netzwerke. Auch das 2009 eröffnete Ronald-McDonald-Haus, das direkt mit dem Krankenhaus-Gebäude verbundene Gästehaus für Angehörige der in der Kinderklinik behandelten jungen Patient/-innen, würde bei einer Standort-Verlagerung obsolet und müsste in Merheim neu gebaut werden.
Die Situation vor Ort
Das Kinderkrankenhaus an der Amsterdamer Straße bietet seit 60 Jahren eine qualifizierte und über Köln hinaus bekannte und ausgezeichnete medizinische Spitzenversorgung für unsere Kinder und Jugendlichen. Zudem wurden hier gerade erst 30 Millionen Euro in eine Erweiterung investiert (den nagelneuen, sogenannten „F-Trakt“).
Der Stadtteil Nippes gilt als kinderreicher Stadtteil in Köln. Insbesondere Neubaugebiete wie die Autofreie Siedlung und das Clouth-Quartier weisen einen hohen Anteil an Familien mit Kindern auf.
Der benachbarte Stadtbezirk Chorweiler leidet seit Jahren unter einer medizinischen Unterversorgung. Für die dortigen Bewohnerinnen und Bewohner ist der Weg bei einer Verlegung nach Merheim unzumutbar.
Schon aus diesen Gründen muss eine ortsnahe Versorgung im linksrheinischen Kölner Norden gewährleistet sein. Auch für die Versorgung von Frühgeburten muss weiterhin das Kinderkrankenhaus erhalten bleiben, da mit der Schließung auch die Station für Frühgeburten im linksrheinischen Raum wegfällt und nur noch die Möglichkeit besteht, diese Versorgung in der Uniklinik zu leisten.
Vergleichbar stellt sich die Situation in Holweide dar. Durch eine Zusammenlegung beider Krankenhäuser am Standort Merheim verliert der zweitbevölkerungsreichste Kölner Stadtbezirk Mülheim sein einziges Krankenhaus mit rund 400 Betten. Damit ist die Grundversorgung vor Ort nicht mehr gegeben und die Menschen müssen weite Wege zurücklegen.
Die wirtschaftlichen Aspekte
Die Planungen für die Kliniken der Stadt Köln sehen vor, dass am Standort Merheim eine neue Kinderklinik gebaut wird und dass die Krankenhäuser Holweide und Merheim ebenfalls am Standort Merheim zusammengelegt werden. Im Linksrheinischen steht dann für die medizinische Versorgung von Kindern und Jugendlichen nur noch die Uniklinik zur Verfügung.
Für die Ausarbeitung dieser Planungen hatte der Klinik-Vorstand lediglich einen Zeitraum von vier Wochen und damit viel zu wenig Zeit, um die Bedürfnisse der Bevölkerung ausreichend bei einer möglichen Verlegung zu berücksichtigen. Die Qualität und Ortsnähe einer medizinischen Versorgung müssen für alle gewährleistet sein und dürfen nicht unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit gegeneinander ausgespielt werden.
Auch die Gründe, wie es überhaupt dazu kommen konnte, dass ein derartig hohes Minus zustande gekommen ist, werden bei den Planungen völlig außer Acht gelassen. Stattdessen wurde die anstehende Gesundheitsreform des Bundes als Begründung benutzt, für eine Verlegung zu argumentieren. Obwohl nach den Kriterien der Gesundheitsreform gerade die Vergütung in der Kindermedizin besonders berücksichtigt wurde. Letzteres wurde in den Planungen des Klinik-Vorstandes zur Verlegung nicht berücksichtigt.
Eine Rechnung mit (zu) vielen Unbekannten
Die Planungen sind zudem zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu welchem die tatsächliche Finanzierung unklar war, da weder die Gesundheitsreform auf Bundesebene noch nachfolgende landesrechtliche Entscheidungen absehbar waren. Das heißt konkret: Wie sich die einzelnen Standorte oder auch das neue Krankenhaus in Merheim rechnen, war zum Zeitpunkt des Ratsbeschlusses vollkommen unklar.
Außerdem wurde bei der Berechnung für den Ratsbeschluss der Verkauf der beiden Grundstücke in Riehl und Holweide eingerechnet, obwohl nach einem früheren Ratsbeschluss keine städtischen Grundstücke verkauft werden dürfen. Wie das beste Modell für die Gesundheitsversorgung mit drei Standorten aussehen würde, wurde nie ausführlich überprüft. Verglichen wurde immer nur die Variante „Wir machen einfach weiter wie bisher“ und die Variante „Schließung von zwei Standorten“.
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